Statistische Physik und Spieltheorie

Seminar: Spieltheorie mit vielen Spielern

Wintersemester 2010/11

Zeit: Mi 16-18    Raum: HS B 045

zum ausführlichen Programm

Einführung

Fragen der elementarer Spieltheorie erhalten eine neue Ausrichtung, wenn nicht wie üblich einige wenige Spieler, sondern eine große Anzahl beteiligt sind. Die Methoden zur Behandlung derartiger Probleme lassen sich großteils als „quasi-kontinuierliche Limites“ im Sinne der Thermodynamik in ihrer Formulierung als statistische Physik behandeln. Man erhofft sich durch sie Einsichten in die Prozesse, die etwa am Finanzmarkt oder in sozialen Netzwerken herrschen: Großräumige Korrelationen, lokale Inhomogenitäten und Umwelt-abhängige Gewinnstrategien.

Dieses Seminar soll auf Grundlage von Spieltheorie, Stochastik und statistischer Physik verschiedene neuere Ansätze zur Behandlung derartiger Fragestellungen vorstellen. In Abhängigheit von den Interessen der Teilnehmer könnte dies die folgenden Themen enthalten:

  • Zufällige Matrix-Spiele mit vielen Strategien [1] oder Spielern: Im Grenzwert können die Gleichgewichte in gemischten Strategien abhänigig von der Wahrscheinlichkeitsverteilung der Auszahlungsmatrix beschrieben werden.

  • Spiele mit vielen Spielern und unvollständiger Information, insbesondere solche, bei denen das einzige Ziel anti-zyklisches Verhalten darstellt („Minority-Game“). Diese werden insbesondere als relevant für die Modellierung etwa eines Finanzmarktes angesenen [2]

  • Spiele mit räumlicher Verteilung der Spieler, z.B. auf Gittern [3]. Hier zeigt sich insbesondere eine relativ offensichtliche Verwandschaft zu den maßgeblichen Modellen der statistischen Thermodynamik, wie etwa dem Ising-Modell.

  • Evolutionäre Strategien und die Entstehung von Strategie-Nischen in bestimmten Spieler-Populationen [4]

  • Phasenübergänge solcher Spiele im thermodynamischen Grenzwert – diese beschreiben den physikalisch wohlbekannten Effekt, dass unter bestimmten Konstellationen das Verhalten nur lokal koordinierter Akteure großflächig kippen kann.

  • Spiele auf zufälligen Graphen und solchen, die lokal von stochastischen Prozessen erzeugt werden [5].

Literatur

[1] J. Berg, A. Engel: Matrix Games, Mixed Strategies and Statistical Mechanics (arXiv)

[2] A.C.C. Coolen: The Mathematical Theory of Minority Games (Oxford Finance Verlag)

[3] B. Bergersen: Statistical Mechanics of Risk, Utility and Equilibrum

[4] G. Szabo, C. Töke: Evolutionary Prisener's Dilemma on a Square Lattice (Physical Review)

[5] B. Bollobas: Random Graphs (Cambridge University Press)